Bei einer Großdemonstration in der indischen Hauptstadt Neu Delhi haben Zehntausende Bauern am Tag der Republik Barrikaden durchbrochen, um gegen Gesetze zur Deregulierung der Landwirtschaft zu protestieren.

Die Landwirte marschierten am Dienstag mit Flaggen in die Metropole, fuhren mit ihren Traktoren hinein und stürmten den Palast Red Fort aus dem 17. Jahrhundert, wie Fernsehbilder zeigten. Auf dem Palast hisst Premier Narendra Modi jeweils zum Unabhängigkeitstag die indische Flagge. In diesem Jahr zogen jedoch die wütenden Landwirte die Fahnen des Bauernverbandes auf.

Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas ein. Bauern und Polizisten stießen auch in der Nähe des Polizeihauptquartiers in Delhi zusammen, wo Polizisten zeitweise in der Unterzahl schienen. Bauern auf zwei Traktoren verfolgten Sicherheitskräfte.

Mindestens ein Demonstrant starb – nach Polizeiangaben bei einem Traktorunfall, nach Bauernangaben durch einen Schuss. Mehrere Demonstranten und mehr als hundert Polizisten seien verletzt worden. In Teilen Delhis sei das Internet zeitweise unterbrochen worden, um weitere Gewalt zu verringern, berichteten örtliche Medien. Heute (27.1.) wurde die Präsenz der Sicherheitskräfte in der Hauptstadt erhöht. Einige Bauernvertreter verurteilten die Gewalt, sagten, sie stamme von Außenseitern und betonten, dass sie den Protest weiterführen wollen.

Genehmigte Demonstration zum Tag der Republik

Eigentlich hatte die Polizei erst für den Dienstagnachmittag eine Demonstration genehmigt, einige Protestierende hatten aber schon am Morgen begonnen. Etliche verließen die von der Polizei genehmigten Protestrouten und durchbrachen auch Barrikaden.

Der Tag der Republik, der Jahrestag des Inkrafttretens der demokratischen Verfassung im Jahr 1950, ist ein wichtiger Feiertag, der mit Paraden begangen wird. Dabei wird die militärische Macht des Riesenlandes sowie sein kulturelles Erbe gefeiert.

Landwirte lehnen die Liberalisierung des Getreidemarktes ab

Seit November kampieren Zehntausende Bauern rund um die Hauptstadt und fordern, kontroverse Marktliberalisierungsgesetze aufzuheben. In Indien wurde Getreide bisher in staatlich organisierten Großmärkten zu garantierten Mindestpreisen gehandelt. Nach der Reform sollen die Bauern ihre Ware ohne Mittelsmänner auch direkt an Privatfirmen verkaufen können.

Die Regierung argumentiert, dass die Erzeuger auf dem freien Markt höhere Gewinne erzielen könnten und die Reform die Landwirtschaft modernisiere. Die Bauern hingegen befürchten einen Preisverfall, weil sie in Verhandlungen mit den Agrarkonzernen in einer schlechten Position wären. 

Viele Bauern in Geldnöten

Die Landwirtschaft trägt rund 15 Prozent zur indischen Wirtschaftsleistung bei und ist Lebensgrundlage für rund 60 Prozent der 1,3 Milliarden Einwohner des Landes. Viele Bauern in Indien haben Geldsorgen. Gespräche zwischen Bauern- und Regierungsvertretern hatten bislang nicht zu einer Einigung geführt.

Am Dienstagabend (Ortszeit) waren viele Bauern wieder an den Rand der Hauptstadt zurückgekehrt. Einige Bauern sagten dem örtlichen Fernsehsender NDTV, dass ihre Aufgabe nun getan sei und sie der Regierung ihre Botschaft übermittelt hätten.

Quelle:
https://www.agrarheute.com/politik/zehntausende-bauern-stuermen-indiens-hauptstadt-traktoren-577619